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Jahrestagung des Verbandes der bulgarischen Deutschlehrkräfte

Vollkommen unüblich beginne ich am letzten Tag meiner ersten internationalen Dienstreise für das Internationale Haus Sonnenberg mit meinem Bericht, schreibe ihn bei einem kühlen Wasser unterm Sonnenschirm und fühle mich so frei und wohl.

 

Jetzt schaue ich aufs Meer, das heute von allen Tagen am friedlichsten ist. Malen möchte ich nicht, denn mein Herz ist so voll von den Begegnungen, dem Interesse am IHS und auch an mir persönlich, ich möchte alles gleich aufschreiben!

Es gab lustige Begebenheiten, die einige Teilnehmer*innen auf ihrer Hinreise zu diesem schönen Badeort Albena an der Schwarzmeerküste erlebt hatten… oder im Hotel, die immer wieder beim gegenseitigen Erzählen für einen Lacher gut waren. Mehrere Nationalitäten an einem Tisch, mehrere Sprachen, doch vor allem viel Deutsch, denn schließlich bin ich ja auf der 30. Jahrestagung des Verbandes der bulgarischen Deutschlehrer*innen.

 

An die sich anschließende Sonnenbergtagung nehme ich nicht mehr teil, da ich bald in Urlaub gehe und vorher im Büro noch einiges erledigen möchte, zum Beispiel die Adressen weitergeben, die neuen Kontakte einpflegen. Ich denke mit Stolz und Freude an all die Menschen dabei, die ich hier in diesem schönen Ambiente und in einer wohldurchdachten und organisierten Tagung kennen lernen durfte.

 

Dann gab es noch ein Salsa-Festival an diesem Wochenende: Musik, wo wir auch gingen und standen. Samstagabend, als der Event aus Rücksicht auf die Nachtruhe der Kurgäste vom Strand nach innen in eine schöne geräumige Stadthalle verlagert wurde, tanzte niemand sinnlicher als die vorwiegend jungen Menschen! Der einzig wahre Tanz, vielleicht noch flankiert vom Tango.

Ja, nun schaue ich aufs Meer, das seine Temperaturen öfter wechselt und auch seine Farbe, seine Gewalt und Kraft. Mal so zart und dann wieder sehr wild und kraftvoll, dass es jede Menge Sand mitnimmt und fast schon tief grau erscheint.

Ein herrlicher Sandstrand, wunderbar weich und geriffelt von der Meeresaktivität.

Am ersten Abend kam es mir total warm vor, wir tunkten zu zweit die Beine hinein, unsere Röcke dabei raffend. Vielleicht lag das allerdings auch an dem Wein, den wir auf dem Empfang im Garten des Hotels „Flamingo Grand“ des schweizerischen Botschafters in dieser herrlich fröhlichen Runde der Teilnehmer*innen des 30. Deutschlehrerverbandes genießen durften… Beim Essen hatten wir uns nämlich vornehm zurückgehalten.

 

Sonntag hatte ich ganz überraschend bis zum Impulsvortrag „Das europäische Wertesystem“ von Prof. Dr. Bogdan Mirtschev Universität „St.Kliment Ohridski“, Sofia frei.

 

Und was habe ich, zusammen mit einer Teilnehmerin der Tagung gemacht? Wir haben uns beim Frühstück getroffen, gelacht, sind zum Strand gegangen, haben voller Genuss einen Cocktail getrunken, uns wunderbar unterhalten, ernst miteinander übers Leben im Allgemeinen und schwierige Phasen in diesem gesprochen. Zwischendurch immer auch wieder aufs Meer geschaut, das kaum 100 Meter von uns entfernt seine volle Pracht entfaltete. Dieser Austausch war sehr interessant und hat jeweils andere Aspekte beleuchtet. Genau dafür sind Unterhaltungen so wichtig!

Der Vortrag fand dann in einem gekühlten Raum statt, trotzdem war es warm und ich hatte manchmal Mühe, ihm wegen der sehr diffizilen Worte zu folgen. Der Professor hatte immer auch den Text für unsere englischen Teilnehmer*innen zu übersetzen, was, wie er sagte, sich für ihn ein bisschen schwierig gestaltete. Er hatte es allerdings gut gemeistert. So dauerte es eine Weile, bis der Vortrag beendet war, wir zu den Fragen kamen, die eifrig gestellt und beantwortet wurden.

Dann war für alle Freizeit bis zum Abendessen. Ich weiß nicht, was die anderen taten, ich jedenfalls schwamm im Meer. Und begann mein späteres Abendessen mit Eis und beendete es auch damit, um noch ein wenig weiter abzukühlen…

Ich? Nach Bulgarien? An die Schwarzmeerküste, von der ich bisher nur gehört hatte? So cool! Oh, ich war so stolz, als ich am Anreisetag mein Namensschild, die Unterlagen, eine Jubiläumstasse und das Programm erhalten hatte! Damit gehörte ich dazu, obwohl ich ja gar nicht unterrichte, sondern im Internationalen Haus Sonnenberg arbeite, mittlerweile seit fast 15 Jahren. Es war ein wundervolles, stolzes und erhabenes Gefühl. Engländer würden sagen: She had a spring in her step!

Yes, I had so many springs in my steps then!

Nun sitze ich hier unter dem Sonnenschirm eines Cafés, dessen Kellner rennt, wenn er es eilig hat, denn er räumt lediglich mit jeder Hand eine Tasse ab, statt ein Tablett zu nehmen. Dass er nach deutschem Standard niemals rennen darf, egal, wie viel zu tun ist, weiß er ja nicht. Er lebt und arbeitet schließlich in Bulgarien und nicht in Deutschland.

Heute sitze ich allein hier, zum ersten Mal seit meiner Ankunft am Flughafen BER Berlin Brandenburg. Komisches Gefühl nach so vielen Tagen, so vielen Menschen of all colors, all sizes, all languages, all professions, all ages…

 

Nun soll alles sacken.

 

Ich bin so dankbar für diese Möglichkeit, „meinen“ Sonnenberg zu präsentieren. Niemand bemerkte meinte Nervosität. Vor so vielen Menschen hatte ich noch nie gesprochen. Und sie saßen wie im Theater auf aufsteigender Tribüne und sahen mich interessiert an. Ich hatte das Gefühl, es gut gemeistert zu haben. Auch wenn ich wohl trotz aller Bemühungen, es anders zu tun, ein bisschen zu schnell gesprochen hatte.

Anschließend sprach Isolde Hartung vom Sonnenberg-Vorstand zu bestimmten Tagungsmöglichkeiten wie „Jugend debattiert“. Dieses Format konnte mit der Ukraine sehr erfolgreich in den letzten Jahren durchgeführt werden.

Vielleicht ist solch ein Format auch für unsere Zusammenarbeit mit dem bulgarischen Sonnenberg-Kreis möglich? Denkbar ist das auf alle Fälle!

 

Nach meiner Präsentation nahm ich die Listen der an unserem Info-Brief Interessierten entgegen: Unfassbare 55 Adressen habe ich erhalten!

Außerdem wurde großes Interesse an Lehrer*innenfortbildung und -austausch sowie Jugendbegegnungen geäußert, was wir aufgreifen und weiterverfolgen werden.

Es war solch ein besonderes Gefühl, mit offenen Armen und Interesse für unsere Ideen der Völkerverständigung aufgenommen zu werden.

So viele herzliche Menschen, so viele lachende, freundliche Gesichter, so viel Lebensfreude neben allem harten Arbeiten auf der Konferenz in verschiedenen Arbeitsgruppen war zu spüren, so sehr dabei sein zu dürfen, es mitzuerleben, das macht mich so unglaublich stolz und glücklich, einem solchen Betrieb, der sich der Völkerverständigung verschrieben hat und damit offenbar auch nach 73 Jahren immer noch erfolgreich ist. Klasse!

 

Die Abende waren geprägt von leckerem Essen auf großen Buffets: Es gab alles von frischen und angemachten Salaten, Suppen, mehrere warme Gerichte, Obst, Kuchen, Kekse, Kompott, Eis. Dazu viele Möglichkeiten, weitere Kontakte zu knüpfen, sich auszutauschen und miteinander zu diskutieren.

 

In einer großen Gemeinschaft, einem Verständnis füreinander, in Wertschätzung und gegenseitigem Zuhören, ganz getreu unserem Motto:

 

Miteinander sprechen

Vorurteile überwinden

Sich verständigen

Verantwortlich handeln

 

Das Frühstücksbuffet war ebenso herrlich: Kuchen, Kekse, Eier in mehreren Variationen, Croissants, viele Sorten Brot, Frühstücksflocken, süße Speisen, Aufschnitt, viele leckere Sorten Käse und Aufschnitt, die ich alle probierte und die mir gut geschmeckt haben.

Bis ich die Marmelade entdeckte, dauerte es allerdings eine Weile: Niemals hätte ich gedacht, dass diese in riesigen Schüsseln dargeboten wird! Ich hielt das eher für noch mehr Kompott…

 

So lernte ich bei dieser Reise wieder viel etwas dazu, spannend!

 

Samstagabend wurde nach dem Essen aufgespielt: Ein DJ legte auf, deutsche Schlager, die aus vielen schönen Stimmen mitgesungen wurden und immer im Wechsel mit bulgarischen Hits, mit wachsender Begeisterung.

Dann folgte der Horo. Was das ist?

Ein Tanz, bei dem sich zunächst ein paar Teilnehmer*innen an den Händen fassten und verschiedene Schrittfolgen miteinander tanzten. Nach und nach kamen immer mehr dazu, sogar einige der Referent*innen machten mit, sie ließen es sich zeigen und tanzten den Reigen quer durchs Restaurant, um die Buffettische herum, lachten, schwangen die Hüften und hatten sehr viel Spaß dabei. Auch uns wenigen Zuschauer*innen war die Freude ins Gesicht geschrieben: Ich zumindest hatte so etwas noch nie erlebt!

 

Reisen bildet, das weiß jeder Mensch. Doch auf einer Dienstreise so viele positive Kontakte zu knüpfen, das ist schon etwas ganz Besonderes!

 

Mein besonderer Dank dafür geht an die Organisator*innen dieser Tagung und allen Teilnehmer*innen, die dies alles erst möglich gemacht haben.

Ich bin sicher, dass wir uns einmal wiedersehen: Auf dem Sonnenberg oder in eurem schönen Land, in dem auch herrlich viele Sonnenblumen wachsen.

 

Juli 2022, Sylvia Wiedemann